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allewyl allergattigs
Urtheil des Criminalgerichts Gerichts des Kantons Basel
vom 9. Jenner 1830.


In Sachen

Fidelis Knöbel von Kirchhofen, Badischen Amts Staufen, 29 Jahre alt, ledig, seit mehreren Jahren zu Basel als Kutscher in Diensten stehend, wegen gefährlichen Gebrauchs einer Pistole dem Gericht überwiesen,

hat sich aus vorgenommenen Untersuchungen Folgendes ergeben:,

Gedachter Fidelis, welcher laut eingeholten Zeugnissen bei allen seinen Herrschaften zur Zufriedenheit gedient hatte und über dessen Charakter, ausser einem sehr auffahrenden Wesen, weiter kein ungünstiger Bericht gefallen war, hatte bereits seit einiger Zeit mit seinem Bruder Johannes, Kutscher zur Blume im Unfrieden gelebt. Am 29. Jenner 1829, nachdem er den Nachmittag ziemlich getrunken, kam er des Abends mit seinem Bruder in einem Wirtshause wieder zusammen und es wäre zu Thätlichkeiten gekommen, wenn nicht die Gäste dies verhindert hätten.

Fidelis lief aber im Zorn nach Hause, wo in seiner an das Comptoir anstossenden Schlafkammer zwei seinem Herrn gehörende Pistolen an der Wand hingen, nahm eine derselben, ohne sie zu untersuchen, zog ein blaues Hemd an, versteckte sie darunter, eilte wieder zu jenem Wirthshaus, er traf aber seinen Bruder dort nicht an, worauf er Drohungen gegen ihn ausstiess, und von einem Knechte ermahnt wurde, nach Hause zu gehen. Sein Bruder hörte ihn eben reden, kam zu seinem Stalle heraus, auf ihn zu, worauf Fidelis in der Entfernung von zwei Schritten die Pistole hervorzog und abdrückte, welche aber glücklicherweise versagte.

Der Johannes und andere warfen sich schnell auf ihn, und nahmen ihm die Pistole, welche sich mit Schrot geladen befand. Fidelis entfernte sich den anderen Tag, weshalb er sogleich zur Anhaltung ausgeschrieben wurde. Er kam am 23. Dezember wieder nach Basel um von seinen Bruder um Verzeihung und etwas Geldhilfe zu erbitten, ward aber eine Stunde darauf angehalten und dem Gericht überliefert.

Nachdem nun Fidelis, um seine Vertheidigung angefragt, derselben entsagt hatte, ward nach erfolgtem Aktenbeschluss, angehörten Schlüssen des Herrn Fiskals und nach gehaltener Umfrage,

in Anbetracht,

a) dass zwar nicht hervorgehe, dass Fidelis seinem Bruder vorsetzlich nach dem Leben getrachtet habe,

b) dass aber derselbe gegen seinen Bruder mit solchen Werkzeug und auf solche Art Handlung unternommen, womit gemeiniglich Lebensgefahr verbunden ist,

c) dass er, in so weit es von ihm selbst abhing, das Verbrechen vollbracht hat, die beabsichtigte Wirkung aber nur durch einen ausser seinem Willen gelegenen Zufall verhindert worden;

In Anwendung der §§. 115 und 15 des Criminalgesetzbuchs

Erkannt:

Wird Fidelis Knöbel zu dreissigmonatlicher Kettenstrafe zweiten Grades, ohne Ausführung und zur Bezahlung der Kosten verurteilt.

Im Namen des Criminalgerichts Gerichts:
und in dessen Namen:

Der Präsident, Nikl. Bernoulli J.U.L.
Vest, J.U.C. Gerichtsschreiber


Aus dem Kantonsblatt 1830, erste Abteilung, drittes Stück, Seiten 56 bis 58

zur Blume = Gasthof am Bluemnrain

Fiskal = Staatsanwalt

Fidelis musste feststellen, dass knapp neun Monate Abwesenheit nicht genügen um genügend Gras über einen Streit mit dem Bruder wachsen zu lassen wenn man ihn um Geld anbetteln will. Umsomehr wenn die letzte Begegnung beinahe damit endete dass er ihm eine Ladung Schrot in den Leib gejagt hätte. So dicht und hoch wachsendes Gras war schon damals rar.

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